2013 hatte ich meinen ersten Anfall und das am zweiten Tag meiner Ausbildung. Am Anfang wusste ich gar nicht was los war. Ich habe mich gefühlt, als wenn ich auf einem anderen Stern gewesen sei. Ich bin zu mir gekommen und wusste nicht wo ich bin. Fragte mich, was passiert war, warum ich auf dem Boden liege. In meinem Kopf war ein riesengroßes WARUM?! Kaum war ich wieder bei klarem Verstand, waren die Rettungskräfte schon da. Sie haben alle Vitalwerte kontrolliert und alles war in bester Ordnung. Dennoch wurde ich abtransportiert. Die Kanzlei informierte sofort meine Eltern. Kaum im Krankenhaus angekommen, war meine Mama schon da. Wir schauten uns an und fingen sofort an zu weinen und auch in ihren Kopf waren Fragen über Fragen. Ich wurde durchgecheckt und es war alles in Ordnung. Nur mein Kopf machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich musste auf die Intensivstation, aber ich fühlte mich gut. Die Neurologin kam zu mir und meinte, dass ich in ein anderes Krankenhaus gebracht werden muss, wo es mehr neurologisch Untersuchungstechniken gibt.

Dort angekommen wurde ich wieder von oben bis unten durchgecheckt. Und dann war der Kopf dran. Es wurde ein EEG gemacht und das war nicht in Ordnung. Meine Gehirnströme ließen auf eine Epilepsie hindeuten und dies bestätigte sich dann leider auch. Ich bekam Tabletten und dann durfte ich auch aus dem Krankenhaus raus.

Mir ging es gut und bei den EEGs bei meiner behandelnden Neurologin waren Zeichen da, dass es etwas besser geworden ist. Allerdings weiß ich, dass es eine chronische Krankheit ist und dass diese mich nun ein Leben lang begleiten wird.

Dennoch habe ich weitergemacht wie vor dem Vorfall. Ich war mir nicht mehr ganz bewusst, dass ich krank bin. Dennoch hatte ich sie immer im Hinterkopf.

Klar, gewisse Einschränkungen habe ich eingeleitet. Seit dem ich weiß das ich krank bin, trinke ich keinen Alkohol mehr. Aber mal ganz ehrlich man kann auch ohne dem Spaß haben. Ich gehe trotzdem auf Partys, reite, gehe baden und fahre auch Auto.

Ich habe auch nur ausgewählten Menschen in meinem näheren Umfeld gesagt was ich habe und was sie machen sollen, wenn es soweit ist. Nämlich, dass es ganz wichtig ist auf meine Zunge zu achten und, auch wenn ich in diesem Moment nicht anwesend bin, mich zu beruhigen.

Bis auf gelegentliches morgendliches Zucken, wenn ich zu wenig geschlafen habe, war aber alles in bester Ordnung.

Bis vor einigen Tagen. Ich hatte Stress, sehr viel Stress. Durch Ereignisse in der Familie war ich psychisch fix und fertig. Aber eins war nur noch in meinem Kopf: KLAUSUR! Ich habe mir persönlich so einen Druck gemacht, dass ich es schaffen muss, da es mein Traumjob ist. Ich habe nur noch gelernt, mir für nichts mehr Zeit genommen. Und dann kam Tag X. Das gelegentliche morgendliche Zucken war wieder da, aber ganz ehrlich? Daraus machte ich mir nichts. Ich hatte wenig geschlafen, habe nichts gegessen und zu wenig getrunken. Das gebe ich auch offen und ehrlich zu. Ich schrieb Klausur und hatte die Zeit im Blick. Merkt aber allerdings auch, dass es immer schlimmer wird. Die Zeit wurde weniger und ich dachte mir einfach nur: Du musste schneller machen sonst schaffst du das nicht. Und dann, ja dann war es auch schon so weit. Meine Freundin sah mich nur im Augenwinkel und handelte sofort. Sie achtete auf meine Zunge und beruhigte mich. Nach wenigen Sekunden war ich auch wieder da und dachte mir sofort: So ein Mist! Ich wusste sofort was passiert war. Mein Professor sah mich entsetzt an und sagte mir, dass die Sanitäter gleich da seien. Ich teilte ihm sofort mit, dass ich nicht ins Krankenhaus muss, da ich weiß was ich habe. Doch dann merkte ich diesen stechenden Schmerz in meiner Schulter und meinte dann nur, dass ich doch ins Krankenhaus müsse, da meine Schulter ausgekugelt sei. Im Krankenhaus wurden wieder alle möglichen Tests gemacht und meine Schulter wieder eingerenkt. Und dann durfte ich endlich nach Hause.

Ich bin sehr enttäuscht über mich selbst, dass ich diesmal nicht auf meinen Körper gehört habe und mir keine fünf Minuten für mich selbst genommen habe. Aber bekanntlich lernt man ja aus Fehlern und das habe ich definitiv.  

Ich muss gestehen, dass es mir gegenüber den anderen, die es nun mitbekommen haben, peinlich war. Aber wiederum sage ich mir, dass es Blödsinn ist. Denn diese Krankheit gehört zu mir wie meine Piercings und meine Tattoos.

Außerdem war dieser "kleine" Vorfall nun der Moment, der mir zeigte, dass ich damit offen umgehen, anderen Menschen Mut machen und aus meinem Leben mit dieser Krankheit erzählen möchte und genau deshalb entsteht auch dieser Blog.


Was ist Epilepsie überhaupt?

 

Epilepsie wird im Deutschen auch als Fallsucht oder als Krampfleiden bezeichnet. Hierbei "entladen" sich die Neuronengruppen anfallsartig, was zu Bewusstseins- und Verhaltensstörungen führt. Es gibt Menschen wie mich, die nur einmal oder sehr wenige Male einen epileptischen Anfall erleiden. Dann gibt es wiederum Betroffene, die übertrieben gesagt alle fünf Minuten umfallen und krampfen.

Viele, darunter zählte auch ich, wissen gar nicht was Epilepsie ist. Leider bekommt ein Mensch, der auf der Straße umfällt und anfängt zu krampfen, oft einen Stempel auf den Kopf. Viele denken man sei betrunken oder man komme auf seinem Drogenkonsum nicht mehr klar und sie schauen weg und machen einen großen Bogen um den Menschen, der eigentlich grad Hilfe benötigt. Bei dieser Krankheit handelt es sich um eine chronische Krankheit, d. h. man wird nie wieder geheilt und das ist mehr oder weniger deprimierend. Denn man weiß, dass man nun bis zum Ende seiner Tage krank sein wird. Damals als die Diagnose kam, sagten mir die Ärzte, dass man aufgrund dieser Krankheit einen Schwerbehindertenausweis beantragen kann. Ich war zunächst sehr perplex und fragte mich, wie ich nun mit einem Mal schwerbehindert sein kann. Naja, wenn auch etwas gegen meinen Willen, haben meine Mama und ich diesen Ausweis beantragt. Er kam und prompt stand ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 drauf. Es ist schon zum komisch, wenn man 18 Jahre lang dachte, man sei ein kerngesunder Mensch und dann hat man mit einem Mal eine Behinderung? Es war sehr schwer für mich zu verstehen und ich wollte auch nie diesen Behindertenausweis nutzen und habe ihn tief in meinem Portemonnaie vergraben. Doch nach einem Jahr habe ich ihn dann doch angewandt und da kam dann die Frage in mir auf, wofür ich mich überhaupt geschämt habe. Denn ich bin dadurch nun kein schlechterer Mensch. Ich bin immer noch ich!


Wie hilft man einem Epileptiker bei einem Anfall?

 

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Einige Nässen ein oder schäumen vor dem Mund und dagegen kann man leider nichts machen.

Zu den Leuten in meinem Umfeld sage ich immer, und um anderen dazu einen Tipp zu geben schreibe ich das nun hier, dass man mich beruhigen soll und am wichtigsten ist es auf meine Zunge zu achten. Denn Epilepsie ist keine Krankheit, die man mal ebenso leicht und locker auf die Schulter nehmen kann. Viele bzw. alle wissen über bekannte Krankheiten Bescheid und ja jede Krankheit ist, um es einmal salopp auszudrücken, verdammt scheiße. Aber ein Epileptiker kann doof fallen und sich dabei eventuell den Kopf aufschlagen oder im schlimmsten Fall das Genick brechen. Deswegen sollte man auch immer beim Fallen "helfen", dass in dieser Hinsicht nichts passiert. Ich schaffe es jedes Mal so ungünstig zu fallen oder die Leute die helfen, halten mich so sehr fest, dass ich mir meine Schulter auskugle. Aber eine Schulter oder ein gebrochener Arm ist wieder heilbar.

Wir können unsere Zunge verschlucken oder Speichel und daran ersticken. Deswegen sollte man immer auf die Zunge achten und eventuell den Mund öffnen. Auch wenn dies für denjenigen, der gerade hilft auch sehr gefährlich ist, da wir uns in diesem Moment nicht unter Kontrolle haben und die Finger abbeißen oder unsere Zunge abbeißen könnten. Aber ersticken wollen wir auch nicht.

Es bringt gar nichts die stabile Seitenlage anzuwenden, da wir steifer als ein Brett sind. Deswegen ist beruhigen und gut zu reden das Wichtigste!

Aber wir können uns auch selbst helfen. Man sollte einen Ausgleich zum Berufs- oder Schulleben finden. Ich persönlich reite sehr gern, auch wenn die Ärzte gesagt haben, dass es sehr gefährlich für mich ist, finde ich bei Pferden meine Ruhe. Allein die Nähe reicht mir schon aus. Außerdem flüchte ich gern in die fiktionale Welt meiner Bücher und was mir noch sehr gut hilft, ist die Musik. Ich singe, spiele Gitarre und seit einem Jahr spiele ich auch Violine. Auch wenn es nur als Hobbys anzusehen sind, helfen diese Dinge mir sehr aus dem Alltag zu fliehen und einen Ausgleich zu schaffen. Dadurch beruhige ich mich selbst, was auch schon eine große Rolle spielt.


Brauchen Epileptiker Mitleid?                   15.03.2017

 

Diese Frage kann ich, wenn auch nur ausdrücklich für mich, verneinen.

Wozu sollten wir Mitleid gebrauchen? Das bringt uns was? Genau nichts. Davon geht die Krankheit auch nicht weg. 

Ich höre oft solche Dinge wie: "Du tust mir so leid." oder "Oh nein, wirklich?". Bei solchen Dingen denke ich mir dann im Stillen immer, ja ich bin wirklich krank. Warum sollte ich mir sowas ausdenken? Was hätte ich davon? Mitleid?! Und genau das will ich ja gar nicht. Ich möchte nicht mit dem "Oh, du tust mir ja so leid"-Blick angesehen werden und immer nur auf meine Krankheit reduziert werden. Auf keinen Fall. Viel wichtiger ist in meinen Augen auf denjenigen Rücksicht bzw. Acht zu nehmen. 

Auch wenn ich krank bin, bin ich immer noch dasselbe starke und selbstbewusste Mädchen wie vor 4 Jahren. Und diese Sache hat mich nur noch stärker gemacht!


Ist es eine ernstzunehmende Krankheit?                   16.03.2017

Sollte man helfen oder weitergehen?

 

Gestern habe ich eine E-Mail einer Leserin meines Blogs bekommen. Sie ist eine ehemalige Schulfreundin von mir und sie berichtete mir, dass im Rahmen ihrer Ausbildung viele Leute Anzeichen dieser Krankheit nicht ernst nehmen.

Hier unterbreche ich kurz. Epilepsie ist eine sehr ernstzunehmende Krankheit. Definitiv! Ich möchte es nicht mit anderen schlimmen Krankheiten gleichstellen, dennoch merke ich jedes Mal, dass viel zu viele zu wenig bis gar nichts von dieser Krankheit wissen. Und das ist, meines Erachtens, schockierend. Man ist eine tickende Zeitbombe und es kann jede Sekunde ein Anfall kommen. Man kann ungünstig fallen und sich schwer verletzen bis hin zum schlimmsten Fall, dass man irgendetwas, sei es "nur" seine Zunge, verschlucken kann und dabei versterben kann. Wenn man merkt, dass die Muskeln zu oft zucken, sollte man sicherheitshalber doch einmal einen Arzt aufsuchen und sich durchchecken lassen. Bevor ich wusste, dass ich krank bin, muss ich ehrlich gestehen, habe ich es auch auf die leichte Schulter genommen. Und dann ist mir bewusst geworden, dass es so viele Folgen eines Anfalls gibt, dass ich es sehr ernst nehme.

Weiterhin teilte meine ehemalige Schulfreundin mir mit, dass vor Kurzem jemand auf der anderen Straßenseite zusammenbrach und wieder einmal einige dachten, dass dieser Mensch betrunken sei und nicht geholfen haben. Aber sie lief sofort hin und hat geholfen.

Dazu kann ich nur sagen, dass sie richtig gehandelt hat. Klar, weiß man oft nicht, was man machen soll. Dennoch kann man ganz einfach helfen: Einfach einen Rettungswagen rufen. Damit hat man schon eine Menge getan. Ganz toll wäre es natürlich, wenn man bei dem Menschen bleibt und ihn beruhigt und ihm auch mitteilt, dass ein Rettungswagen unterwegs ist. Ich weiß, dass es leichter gesagt ist als getan, aber bloß keine Panik verbreiten.

Und bitte nicht gleich den Mensch abstempeln, der dort auf dem Boden liegt!


Auslöser                                                                                   12.01.2018

 

Puh! Ich habe mich ja fast ein Jahr nicht mehr zu Wort gemeldet.

Aber in dieser Zeit ist eine Menge passiert, wo ich dachte, dass mir jeden Moment etwas passieren könnte.

Einige Tage nach meinem letzten Eintrag ist ein sehr wichtiger Mensch aus meinem Leben gegangen. Das stellte mich und meine Krankheit auf eine sehr harte Probe. Ich hatte jede Sekunde Angst, dass etwas passiert, da ich in dieser Zeit wenig schlief. Schlafmangel stellt einen erheblichen Auslöser für einen epileptischen Anfall dar, aber Entwarnung es passierte nichts. Ja klar, gab es morgens einige Anzeichen, aber ich wusste was zu tun war. Ich setzte mich dann für einige Minuten hin und dann war die Sache auch wieder gegessen. Dann kam die Beerdigung, wo meine gesamte Familie, insbesondere meine Eltern, mächtige Ängste um mich hatten. Meine Mama sprach mit meiner Hausärztin und diese gab zur Sicherheit Tavor mit. Dies ist ein Beruhigungsmedikament, welches sich auch mit meinem täglichen Medikament Lamotrigin verträgt. Sie hatte es dabei, aber wir haben es nicht benötigt. Sag ich es mal so, ich habe diese extreme Stresssituation mit Bravur gemeistert. Denn auch Stress ist ein Faktor, der einen epileptischen Anfall auslösen kann.

Der Stress fiel aber nicht ab von mir, denn im Rahmen meines Studiums standen Klausuren an. Sieben an der Zahl! Aber auch dies habe ich geschafft.

Als nächstes musste ich wieder emotionalen Stress durchstehen, denn mein Freund trennte sich von mir. Ich hatte viel zu organisieren hinsichtlich der Wohnung und jeglichen anderen Kram, der damit verbunden war. Durch viel Unterstützung von meiner Familie und meinen Freunden habe ich auch das geschafft. Viele machten sich Sorgen und fragten auch des Öfteren nach, wie es mir ginge. Aber auch hier muss ich sagen, dass alles seinen Gang ging. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich krank bin.

Aber das Wichtigste was geschah, war ein kleines Geschenk für mein Selbstbewusstsein und den Umgang mit der Epilepsie.

Ich musste im Juli zu einer Routineuntersuchung bei meiner behandelnden Neurologin. Ich muss gestehen, dass ich nervös war, da man immer mit der Angst leben muss, dass es schlimmer geworden ist und gerade zu diesem Zeitpunkt, da ich eine Menge zu organisieren hatte. Wir haben das EEG (damit werden die Gehirnströme gemessen, die zeigen wie der Verlauf der Krankheit ist) gemacht und dann ging das Warten los, da es von meiner Neurologin auch erst ausgewertet werden musste. Es dauerte und dauerte. In dieser gefühlten Ewigkeit, was eigentlich nur eine halbe Stunde war, gingen mir Sachen durch den Kopf, die mir schon lange nicht mehr im Gedächtnis waren: Ist es schlimmer? Muss ich wieder ins Krankenhaus? Werden die Medikamente wieder erhöht? Es war die pure Folter, auch wenn ich sonst immer sehr locker mit meiner Epilepsie umgehe. Dann musste ich ins Sprechzimmer und wie immer war meine Mama als moralische Unterstützung dabei. Als meine Ärztin mich dann fragte, ob ich müde wäre, musste ich zunächst lachen. Sie sah es mir nicht an, aber es ging aus dem EEG hervor. Ich war da erstmal fasziniert, denn ich hätte niemals gedacht, dass man so viel erkennen kann. Und dann sprach sie weiter. Es stellte sich heraus, dass es besser geworden ist und kaum noch etwas zu erkennen ist. Ihr könnt euch wahrscheinlich vorstellen, dass ich zunächst in Tränen ausbrach und mich tierisch gefreut habe. Zur Sicherheit wollte sie die Medikation dennoch erhöhen. Ich nehme morgens jetzt immer 2,5 Tabletten und abends 3. Aber ganz ehrlich, diese eine halbe Tablette kann ich verschmerzen. Es wurde damals gesagt, dass es nie wieder besser werden könnte und nur schlimmer oder gleichbleibend. Und dann diese Nachricht. Ich war überglücklich. Das musste natürlich erstmal mit Kindersekt gefeiert werden.

Im gleichen Atemzug wollte man mir aber meinen Schwerbehindertenausweis wegnehmen bzw. den Grad verringern. Wogegen ich allerdings mehr oder weniger widersprach, da mir damals gesagt wurde, dass es eine chronische Krankheit ist und ich somit immer einen GdB von 50 habe. Vor einigen Tagen kam dann die Mitteilung, dass ich diesen behalten darf und habe auch wieder einen neuen Schwerbehindertenausweis bekommen.

Im Endeffekt hat mir die Untersuchung im Juli gezeigt, dass man die Hoffnung wirklich nie aufgeben darf und wirklich Wunder geschehen.

Klar gibt es immer noch Situationen, wo es Anzeichen gibt und ich zucke. Aber ich weiß, was zu tun ist und habe immer im Hinterkopf, dass es besser ist.


Ein Jahr!                                                                                        22.02.2018

 

WOW! Heute vor einem Jahr habe ich mich dazu entschieden diesen Blog ins Leben zu rufen. Und der Auslöser war ein epileptischer Anfall.

Genau heute vor einem Jahr hatte ich diesen und das nach vier Jahren Anfallsfreiheit. Es war ein schwerer Rückschritt für mich, da man innerlich doch gehofft hat, dass es eventuell doch weg ist. Umso mehr freue ich mich über den heutigen Tag. Denn ich habe in einem so turbulenten Jahr es geschafft nicht umzufallen und zu krampfen.

Ich bin so stolz auf mich selbst. Wenn ich daran denke wie viele Situationen es hätte geben können, wo ein potenzieller Auslöser da war und doch ist nichts passiert, macht mich das so unfassbar glücklich.

Es mag einem jetzt komisch vorkommen, wie man sich über ein Jahr freuen kann. In dem es den Alltagsstress gab und andere Schicksalsschläge. Für einen Epileptiker ist ein Jahr ohne einen Anfall schon eine verdammt lange Zeit. Obwohl ich mich immer noch für den Anfall im letzten Jahr ohrfeigen könnte, denn es ist immer noch meine eigene Schuld. Hätte ich nur auf die Anzeichen vorher gehört und sie nicht weggelächelt, dann wäre wahrscheinlich nichts passiert. Aber hätte, hätte, hätte...

Ich sehe dieses Jahr als Ansporn wieder ein anfallsfreies Jahr zu schaffen und immer so weiter. Beeinflussen kann ich es aber leider nicht, denn ich bin und bleibe eine tickende Zeitbombe!

Da ich immer noch die Untersuchung vom letzten Mal im Kopf habe, motiviert mich das alles nur noch mehr.

Dennoch bin ich dankbar für das morgendliche Zucken, denn so erinnert mich mein Körper immer noch daran, dass ich krank bin und ich nehme es nicht mehr so auf die leichte Schulter so wie im letzten Jahr, denn das war mir eine Lehre.

Ich möchte mich am heutigen Tag einmal bei allen Menschen bedanken, die immer für mich da sind. Ich bin euch so unendlich dankbar für alles was ihr getan habt.

In diesem Sinne feiere ich den heutigen Tag mit einem Glas Wasser und hoffe, dass es anfallsfrei für mich weitergeht.


Rückschlag                                                                             23.10.2018

 

Am letzten Freitag (19.10.2018) war es wieder so weit. Ich hatte wieder einen Anfall. Ich bin morgens aufgestanden, habe mich fertig gemacht, war dann im Wohnzimmer und habe etwas getrunken und zack! Ich bin auf dem Boden wach geworden. Mein erster Gedanke war: "Warum lieg ich auf dem Boden?!" Und dann viel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich rief meine Mama an und ging zu meiner Nachbarin, welche den Rettungswagen rief und sich den ganzen Tag um mich kümmerte. Abends holte mich mein bester Freund mit seiner Freundin aus Berlin ab, da ich in die Heimat wollte um zur Ruhe zu kommen. 

Ich hatte das ganze Wochenende keine wirkliche Ruhe, da mich sehr viele Gedanken quälten. Diese waren: Ich möchte doch einfach nur ein normaler Mensch sein. Warum zur Hölle werde ich so bestraft? Ich wollte alles hinschmeißen. Für mich ergab nichts mehr Sinn. Ich wollte und konnte einfach nicht mehr. Dauerhaft habe ich nur geweint und auch jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, habe ich wieder Tränen in den Augen.

Mit dieser Stimmung bin ich dann gestern auch zu meiner Neurologin. Ich durfte als erste zu ihr und sie hat sich wirklich sehr viel Zeit für mich genommen und auch telefonische Rücksprache mit der Epilepsie-Klinik in Bernau gehalten. Meine Medikation wird umgestellt und ich soll eine oestrogenfreie Pille erhalten, da meine jetzige immer noch Oestrogen enthält und diese meinen Medikamentenschutz mindert. Zusätzlich habe ich noch eine Schlaftablette erhalten, die ich bei Bedarf nehmen soll, denn der jetzige Auslöser war vermutlich zu wenig Schlaf. Ich bin nämlich nachts wachgeworden und habe überlegt, ob ich meine eine Tablette genommen habe oder nicht. Dann bin ich nicht mehr zur Ruhe gekommen. Dahingehend klärte mich meine Neurologin auch auf, dass es nicht schlimm ist, wenn ich diese mal doppelt nehme. Ich bin sehr erleichtert und um ehrlich zu sein, glücklich aus dem Sprechzimmer gekommen.

Viele Freunde haben versucht mich am Wochenende aufzubauen und sind selbst fast verzweifelt, da ich alles von mir weggestoßen habe. Ich wollte einfach nicht mehr krank sein. Mir wurde dann auch gesagt, dass ich doch sonst auch immer so stark und selbstbewusst mit der Krankheit umgegangen bin. Aber irgendwie ging das nicht mehr. Ich war wirklich ein Häufchen Elend. 

Nach dem Besuch bei meiner Ärztin kam ein Stück des Selbstbewusstseins zurück. 

Ich bin nun auch wieder so weit, dass ich mich von dieser Krankheit verdammt nochmal nicht unterkriegen lasse und sie mich und mein Leben nicht beherrschen wird. Denn ich bin Herr über mein Leben.

Dennoch denke ich noch viel nach und bin immer noch etwas hin- und hergerissen. Deswegen habe ich auch für nächste Woche einen Termin bei meiner Heilpraktikerin gemacht, da sie mir schon einmal sehr gut geholfen hat.